Vergiftung mit dem Diabetestroll

Was bedeutet „Vergiftung“ im Zusammenhang mit Diabetes überhaupt?

Wenn man das Wort „Vergiftung“ hört, denkt man an verdorbene Lebensmittel, Drogen, gefährliche Chemikalien oder böse Pilze im Wald. Aber bei Diabetes reden wir von etwas anderem – einer inneren „Vergiftung“, die im Körper passiert, wenn der Zucker völlig außer Kontrolle gerät.

Medizinisch nennt man das:

  • Ketoazidose (vor allem bei Typ-1-Diabetes)
  • Hyperosmolares Koma (eher bei Typ-2-Diabetes)
  • Laktatazidose (selten, aber bei bestimmten Medikamenten oder Zuständen möglich)

Alle drei Zustände sind Notfälle – also nichts, was man mit einem Glas Wasser und etwas Ruhe wegbekommt. Aber sie haben alle einen gemeinsamen Ursprung: der Zuckerstoffwechsel läuft aus dem Ruder.


Warum passiert das überhaupt?

Der Körper braucht Insulin, um Zucker aus dem Blut in die Zellen zu bringen – als Energiequelle. Wenn Insulin fehlt (z. B. bei Typ 1, wenn man vergessen hat zu spritzen oder bei Infekten), dann bleibt der Zucker im Blut – und das kann richtig gefährlich werden.

Die Zellen verhungern quasi – und der Körper denkt: „Mist, keine Energie da! Ich verbrenne jetzt Fett.“ Dabei entstehen Ketone. Und das sind die Übeltäter bei der Ketoazidose.

Beim hyperosmolaren Koma (meist Typ 2) passiert etwas Ähnliches, nur ohne Ketone – der Zucker steigt so extrem an, dass das Blut dickflüssig wird wie Sirup. Das belastet den ganzen Körper.

Und die Laktatazidose? Die ist seltener, aber kann z. B. durch bestimmte Medikamente wie Metformin entstehen, besonders bei Nierenproblemen oder Sauerstoffmangel.


Die drei gefährlichen Zustände – einfach erklärt

1. Die Ketoazidose – der Klassiker bei Typ-1-Diabetes

Wenn dein Körper keine Energie aus Zucker bekommt, zieht er seinen Plan B: Fettverbrennung. Dabei entstehen Ketone – und die können das Blut „sauer“ machen.

Symptome:

  • Übelkeit, Erbrechen
  • Bauchschmerzen
  • Atem riecht nach Aceton (Nagellackentferner!)
  • Schnelles, tiefes Atmen („Kussmaul-Atmung“)
  • Müdigkeit, Verwirrung
  • Durst, häufiger Harndrang
  • Am Ende: Bewusstlosigkeit oder Koma

Wann passiert das?

  • Wenn Insulin vergessen wurde oder defekt ist
  • Bei Infekten oder körperlichem Stress (z. B. Operation)
  • Bei einer Insulinpumpe mit Katheterproblem
  • Wenn man zu wenig trinkt

Warum ist das gefährlich?

Weil der Körper „übersäuert“. Und das bringt den gesamten Stoffwechsel durcheinander – Herz, Nieren, Gehirn – alles ist betroffen. Wenn man nichts tut, kann es lebensbedrohlich werden.


2. Hyperosmolares Koma – der stille Zuckeranstieg

Das betrifft vor allem Menschen mit Typ-2-Diabetes, meist ältere oder dehydrierte Personen. Hier steigt der Blutzucker extrem an – oft über 600 mg/dl (33 mmol/l) – ohne dass Ketone entstehen.

Symptome:

  • Starke Schwäche
  • Durst, aber auch Trinkunlust
  • Trockene Haut, trockener Mund
  • Verwirrtheit
  • Sehstörungen
  • Krampfanfälle
  • Bewusstlosigkeit

Warum passiert das?

Weil der Körper noch ein bisschen Insulin hat – gerade genug, um die Ketone zu verhindern, aber nicht genug, um den Zucker zu verarbeiten. Das Blut wird dickflüssig, Organe werden unterversorgt – der Kreislauf bricht zusammen.

Wer ist gefährdet?

  • Ältere Menschen mit Typ-2-Diabetes
  • Menschen, die wenig trinken
  • Personen mit Infekten, Fieber, Harnwegsentzündungen
  • Bei bestimmten Medikamenten (z. B. Steroide, Entwässerungstabletten)

3. Laktatazidose – selten, aber gefährlich

Das ist die „Sonderform“ unter den Vergiftungen. Hierbei wird zu viel Milchsäure (Laktat) im Körper produziert, z. B. bei:

  • Sauerstoffmangel (Herzinfarkt, Lungenprobleme)
  • Nierenversagen
  • Bestimmten Medikamenten wie Metformin (wenn falsch dosiert)

Symptome:

  • Bauchschmerzen
  • Übelkeit
  • Muskelkrämpfe
  • Atemnot
  • Verwirrtheit
  • Bewusstlosigkeit

Klingt ähnlich wie Ketoazidose – und das macht die Diagnose oft tricky. Aber im Labor sieht man den Unterschied.


Was tun, wenn es passiert?

Erste Warnzeichen ernst nehmen!

Viele Diabetiker*innen kennen das: Man fühlt sich irgendwie komisch. Der Zucker spinnt. Die Pumpe macht Geräusche. Oder man ist krank und isst wenig.

WICHTIG: Wenn du das Gefühl hast, etwas stimmt nicht – reagier frühzeitig!

Was kannst du tun?

Ketone messen – mit Teststreifen im Urin oder einem Keton-Messgerät im Blut
Blutzucker messen – und ggf. korrigieren
Trinken, trinken, trinken – um den Körper zu entlasten
Insulin kontrollieren – hat die Pumpe ein Problem? Ist das Insulin abgelaufen?
Zum Arzt oder in die Klinik, wenn:

  • Du erbrichst
  • Du Ketone UND hohen Blutzucker hast
  • Du dich extrem schwach fühlst

Hier gilt: Lieber einmal zu viel ärztliche Hilfe holen als zu spät.


Wie kannst du solche Situationen verhindern?

Prävention ist das Zauberwort – also Dinge tun, bevor es schlimm wird. Und das muss nicht kompliziert sein.

Deine persönliche Anti-Vergiftungs-Checkliste:

  1. Regelmäßig messen – auch Ketone, besonders bei Infekten oder hohen Werten
  2. Insulin richtig lagern und kontrollieren (nicht zu heiß, nicht abgelaufen)
  3. Pumpe oder Pen regelmäßig prüfen
  4. Notfallplan parat haben – mit Telefonnummern, Ketontests, Glukose etc.
  5. Trinken! Mindestens 2 Liter am Tag
  6. Infekte nicht ignorieren – bei Fieber steigt der Insulinbedarf oft stark
  7. Achte auf dich – dein Körper gibt dir viele Hinweise, wenn was nicht stimmt
  8. Schulung besuchen oder auffrischen – je mehr du weißt, desto sicherer bist du
  9. Metformin + Nierenfunktion regelmäßig prüfen lassen (bei Typ 2 wichtig!)
  10. Familie & Freunde einweihen, worauf sie achten sollen

Was sagt die Forschung zur Zukunft?

Auch hier tut sich einiges! In Zukunft könnten Sensoren nicht nur Blutzucker, sondern auch Ketone in Echtzeit messen. „Closed-Loop-Systeme“ (künstliche Bauchspeicheldrüse) reagieren automatisch auf Trends und helfen, Entgleisungen zu verhindern.

Außerdem wird an intelligentem Insulin geforscht, das sich selbst reguliert – wie genial wäre das bitte?


Persönliche Geschichten – wenn es doch passiert

Viele Menschen mit Diabetes erleben irgendwann eine Ketoazidose oder ein anderes Notfall-Szenario. Und es ist absolut okay, Fehler zu machen oder mal nicht alles im Griff zu haben.

Ob:

  • Die Pumpe verstopft war
  • Der Katheter sich gelöst hat
  • Man krank war und zu spät reagiert hat
  • Oder einfach mal alles zu viel wurde

Wichtig ist: Daraus lernen, sich nicht selbst fertig machen und Hilfe holen.


Fazit – Keine Panik, aber auch keine Gleichgültigkeit

Vergiftungen bei Diabetes sind selten, aber ernst. Es sind die Ausnahmesituationen, in denen der Körper nicht mehr allein klarkommt – und ein bisschen Unterstützung von dir braucht.

Aber mit einem wachsamen Blick, etwas Wissen und einem gut sortierten Notfallset kannst du viel verhindern. Du musst keine Angst haben – aber Respekt ist gut.

Also, sei nett zu deinem Körper, hör auf ihn – und denk dran:
Du bist kein Roboter. Du darfst Fehler machen. Aber du kannst dich auch schützen.

Bleibt sicher und gesund!

Euer Diabetestroll

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