Geschichte des Insulins mit dem Diabetestroll

Kapitel 1: Die Zeit vor dem Insulin

Stell dir vor, wir schreiben das Jahr 1900. Autos sind noch ein Luxus, die meisten Menschen leben ohne Strom, und wenn man Diabetes hat – vor allem Typ 1 – ist das eigentlich gleichbedeutend mit: Game over.

Damals wusste man schon irgendwie, dass Diabetes was mit Zucker zu tun hat – schließlich kommt das Wort von dem griechischen „Diabetes mellitus“, was so viel heißt wie „honigsüßer Durchfluss“. Ja, charmant klingt’s, aber dahinter steckt: Der Körper scheidet Zucker über den Urin aus. Und zwar, weil er den Zucker im Blut nicht verarbeiten kann.

Nur: Warum das so ist, wusste niemand genau. Man konnte den Leuten also nicht wirklich helfen. Die Ärzte verordneten extreme Diäten – manche Kinder mussten auf weniger als 500 Kalorien am Tag runter. Die Idee: Wenn du nichts isst, steigt auch kein Blutzucker. Klingt logisch, war aber brutal. Viele sind einfach verhungert.

Kurz gesagt: Wer einen Typ-1-Diabetes hatte, hatte kaum eine Überlebenschance.


Kapitel 2: Erste Entdeckungen – ein mysteriöses Organ namens Bauchspeicheldrüse

Ein paar clevere Köpfe kamen aber schon früh auf die Idee: Irgendwas in der Bauchspeicheldrüse scheint da nicht richtig zu funktionieren.

1869 – Paul Langerhans entdeckt „komische Zellhaufen“

Ein junger deutscher Medizinstudent namens Paul Langerhans schaute sich die Bauchspeicheldrüse unter dem Mikroskop an und entdeckte kleine Zellgruppen, die irgendwie anders aussahen als der Rest. Was sie machten, wusste er nicht – aber später stellte sich heraus: Genau diese „Langerhans-Inseln“ produzieren Insulin. Jackpot!

1889 – Die Panik der Hunde (und der Durchbruch)

Zwei deutsche Forscher, Oskar Minkowski und Josef von Mering, entfernten bei einem Hund die Bauchspeicheldrüse – warum auch immer. Und siehe da: Der Hund bekam alle Symptome von Diabetes. Sie schlussfolgerten: Da muss ein Stoff in der Bauchspeicheldrüse stecken, der wichtig für den Zuckerhaushalt ist.

Nur: Wie extrahiert man diesen „Stoff“? Wie nennt man ihn überhaupt? Und kann man ihn Menschen geben?


Kapitel 3: 1921 – Die Geburt des Insulins, made in Kanada

Jetzt wird’s spannend. Und ein bisschen dramatisch.

Die Hauptdarsteller: Banting, Best, Macleod und Collip

  • Frederick Banting – ein junger kanadischer Chirurg mit einer wilden Idee.
  • Charles Best – sein motivierter Assistent, Medizinstudent, jung, klug, leidenschaftlich.
  • John Macleod – Professor an der Universität Toronto, skeptisch, aber offen.
  • James Collip – Biochemiker, der den entscheidenden Feinschliff lieferte.

Die Idee: Bauchspeicheldrüsenpüree für die Rettung der Menschheit

Banting hatte sich überlegt: Was, wenn man aus der Bauchspeicheldrüse von Tieren den „zuckerregulierenden Stoff“ extrahiert und ihn Menschen mit Diabetes spritzt?

Gesagt, getan – mit sehr viel Improvisation, Blut, Schweiß und Tränen. In einem stickigen Labor in Toronto zermatschten sie Bauchspeicheldrüsen von Hunden, filtrierten das Zeug, testeten es wieder und wieder. Viele Hunde starben – aber irgendwann: Ein Hund mit Diabetes überlebte nach der Injektion des Extrakts.

Das war der Moment, in dem Insulin geboren wurde.


Kapitel 4: Der erste Mensch, der Insulin bekam – und überlebte

Am 11. Januar 1922 war es so weit: Der erste Mensch bekam eine Dosis des neu entwickelten Insulins – ein 14-jähriger Junge namens Leonard Thompson. Er war schwer krank, kaum noch bei Bewusstsein, wog nur noch 29 Kilo.

Die erste Injektion war ein Reinfall – es war zu unrein, und Leonard bekam eine allergische Reaktion.

Doch dann kam Collip mit seiner verbesserten Version. Und beim zweiten Versuch geschah das Unglaubliche: Leonards Blutzucker fiel auf ein normales Niveau. Er kam wieder zu Kräften. Er LEBTE.

Das war der medizinische Durchbruch des Jahrhunderts.


Kapitel 5: Der Nobelpreis und der große Streit

Schon ein Jahr später, 1923, gab’s den Nobelpreis für die Entdeckung des Insulins – aber nicht für alle.

Nur Banting und Macleod bekamen ihn. Banting war sauer, dass Best nicht geehrt wurde, also teilte er das Preisgeld mit ihm. Macleod wiederum gab seinen Anteil an Collip weiter. Ziemlich noble Geste.

Aber der Streit war groß. Wer hatte wie viel beigetragen? War es Teamwork oder nur Glück?

Egal – für die Welt war klar: Insulin ist ein Wunder. Und ab jetzt gab es Hoffnung für Menschen mit Typ-1-Diabetes.


Kapitel 6: Die industrielle Insulinproduktion – von Schweinen und Rindern

Nachdem klar war, dass Insulin Leben rettet, ging’s ans Große: Die Massenproduktion.

Insulin aus Tieren

Lange Zeit wurde Insulin aus der Bauchspeicheldrüse von Schweinen und Rindern gewonnen. Klingt erstmal seltsam – aber dieses tierische Insulin ähnelt dem menschlichen sehr stark.

Jahrelang war das Standard. Millionen Menschen weltweit bekamen „Schweineinsulin“. Und es hat funktioniert! Natürlich gab es manchmal Unverträglichkeiten oder allergische Reaktionen – aber für die meisten war es ein Gamechanger.


Kapitel 7: Die Revolution – Humaninsulin und Insulin aus dem Labor

Dann kam die Biotechnologie. Und mit ihr: Humaninsulin.

1978 – Insulin aus Bakterien

Forscher entwickelten eine Methode, mit der sie das menschliche Insulin-Gen in Bakterien (z. B. E. coli) einschleusen konnten. Die Bakterien fingen an, Insulin zu produzieren – quasi wie kleine Insulinfabriken.

Das Ergebnis: Humaninsulin, also Insulin, das exakt wie das natürliche menschliche Insulin aufgebaut ist. Keine Allergien mehr, keine Tierbauchspeicheldrüsen mehr nötig – sauber, effektiv, sicher.

1982 – Das erste biotechnologische Insulin kommt auf den Markt

Humulin, von Eli Lilly – das erste „künstlich hergestellte“ Insulin der Welt. Ein Meilenstein!


Kapitel 8: Moderne Insuline – smart, schnell, lang, flexibel

Heute gibt es viele verschiedene Insulinarten – je nachdem, wie schnell sie wirken, wie lange, und wie gut sie sich steuern lassen.

  • Schnellwirksame Insuline – z. B. für Mahlzeiten (wirken in 10–15 Minuten)
  • Langwirksame Basalinsuline – für den Grundbedarf über 24 Stunden
  • Mischinsuline – Kombi aus beidem
  • Ultra-schnelle Insuline – für mehr Flexibilität
  • Smart Insulins (in Entwicklung) – die „intelligente“ Antwort auf den Blutzucker

Außerdem gibt’s heute Insulin-Pens, Insulinpumpen, Closed-Loop-Systeme, CGMs (kontinuierliche Glukosemessung) – Technik, die das Leben mit Diabetes viel leichter macht.


Kapitel 9: Ein Geschenk an die Welt – fast ohne Profit

Wusstest du, dass Banting und Best das Insulin-Patent für nur 1 Dollar verkauft haben?

Sie wollten, dass Insulin jedem zugänglich ist. Ohne Profite, ohne Barrieren. Eine geniale, großherzige Entscheidung. Leider wird das heute oft anders gehandhabt – Stichwort hohe Insulinpreise in den USA.

Aber der ursprüngliche Gedanke war: Insulin gehört allen.


Kapitel 10: Ein Blick in die Zukunft

Die Geschichte des Insulins ist nicht zu Ende. Im Gegenteil – sie geht weiter. Forscher arbeiten an:

  • Oralem Insulin – Insulin in Tablettenform
  • Insulinpflastern
  • Smart Insulins, die nur wirken, wenn der Blutzucker steigt
  • Künstliche Bauchspeicheldrüsen
  • Zelltherapien und Stammzellforschung, um den Diabetes vielleicht eines Tages komplett zu heilen

Und das ist keine Science Fiction – viele dieser Projekte stehen schon kurz vor der Anwendung.


Fazit – Von der Hoffnung zur Lebensgrundlage

Was mit einem experimentellen Püree aus Hundebauchspeicheldrüsen begann, ist heute ein weltweites medizinisches Standardverfahren. Millionen Menschen auf der ganzen Welt leben dank Insulin – und das seit über 100 Jahren.

Die Geschichte des Insulins ist eine Geschichte von Neugier, Mut, Scheitern, Durchhalten und Menschlichkeit. Sie zeigt: Auch aus einer verzweifelten Situation kann etwas Wunderbares entstehen – wenn Menschen an eine Idee glauben und nicht aufgeben.

Und sie erinnert uns: Medizin ist mehr als Wissenschaft. Sie ist Hoffnung, Empathie und der Glaube daran, dass jedes Leben zählt.

Euer Diabetestroll

Geschichte des Insulins mit dem Diabetestroll

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